Welche genetischen Faktoren führen zu schweren Krankheitsverläufen? Wie schafft es das Virus sich im Körper einzunisten und was führt zur Reaktivierung?
Worum geht es in diesem Forschungsprojekt?
Die Mehrheit der Bevölkerung in den Industrienationen trägt das Varizella-Zoster-Virus (VZV), das in den Neuronen infizierter Individuen lebenslang in latenter Form persistiert. Die Reaktivierung von VZV verursacht in den meisten Fällen Gürtelrose, die sich durch schmerzhaften Ausschlag auszeichnet, auf den in 5-20% der Fälle eine post-herpetische Neuralgie (PHN) folgt. Für PHN sind Nervenschmerzen charakteristisch, die selbst nach Abklingen des Ausschlags und Ende nachweisbarer Virusreplikation mehrere Monate andauern können. PHN ist die zweithäufigste Form von Nervenschmerzen. Aufgrunddessen haben wir die Hypothese aufgestellt, dass VZV epigenetische Veränderungen in Schlüsselgenen zur Kontrolle von Schmerz verursacht, wodurch es zu langfristigen Veränderungen der Expressionsprofile dieser Gene kommt, selbst nach Ende der viralen Genexpression und Replikation von VZV. Eine weitere Komplikation von VZV ist die virale Enzephalitis (Hirnhautentzündung). Diese lebensbedrohliche Komplikation sowie PHN entwickeln sich in manchen Patienten, während die meisten infizierten Individuen erfolgreich die VZV-Infektion kontrollieren. Die Effekte von genetischen Polymorphismen im Wirtsgenom, die die Expression von Komponenten des Immunsystems beeinflussen, könnten für die beobachteten Unterschiede in der Suszeptibilität für VZV-Infektionen verantwortlich sein. Wir wollen daher die Relevanz von bekannten genetischen Polymorphismen für die Suszeptibilität für VZV-Infektionen untersuchen.
Wie ist der Stand der Dinge?
Medikamente, um VZV-Infektionen zu behandeln, können bisher nur das aktiv replizierende Virus hemmen, ohne dabei das Reservoir von latentem Virus zu beeinflussen. Zwar existiert seit kurzem ein Impfstoff, der gegen Gürtelrose und PHN schützt, aber die Sicherheit und Effizienz konnte bisher noch nicht in allen Risikogruppen getestet werden und die Impfrate ist noch zu gering. Die Identifizierung von Polymorphismen, die mit schweren Verläufen von VZV-Infektionen zusammenhängen und Einfluss auf Latenz und Reaktivierung haben, können daher die Entwicklung neuer Medikamente zur Linderung schwerer VZV-Krankheitsbilder fördern.

Es gibt einen Impfstoff, der vor Gürtelrose schützt.
Wie kommen wir da hin?
Wir sind ein Team von Forschern aus klinischen Bereichen sowie der Grundlagenforschung, was es uns erlaubt, unsere Expertise in Virologie, Pathogenese, Neurologie, Dermatologie und Epigenetik zu vereinen und auf die Fragestellungen dieses Projekts zu bündeln.
Wir werden unsere Fragestellungen von der Perspektive des Erregers als auch des Wirts beleuchten. VZV etabliert Latenz in Neuronen des sensorischen peripheren Nervensystems. Um Fragestellungen bezüglich der Etablierung von Latenz und Reaktivierung beantworten zu können, ist es notwendig, die entsprechenden Testsysteme zu entwickeln. Dass VZV außerdem ein hochgradig Wirt-spezifisches Virus ist, macht es notwendig menschliche Neuronen einzusetzen. Daher haben wir Protokolle zur Differenzierung induzierter, pluripotenter Stammzellen etabliert, um menschliche Neuronen zu produzieren und setzen diese zur Untersuchung der VZV-Latenz und Reaktivierung ein. Unsere bisherigen Untersuchungen zeigen, dass wir VZV-Genexpression unterdrücken und virale Genome in einen latenzähnlichen Zustanden zwingen können. Wir haben eine Zusammenarbeit mit Trine Mogensen (Aarhus University, Denmark) begonnen, um den Einfluss von genetischen Polymorphismen des Gens für die RNA Polymerase III auf VZV-Infektionen, -Latenz und -Reaktivierung in menschlichen Neuronen zu bestimmen.
Um die klinischen Fragestellungen zu bearbeiten, werden wir eine Kohorte von Patienten mit VZV-Reaktivierung rekrutieren, die wir beobachten und von denen wir Biopsie-Material sammeln werden, um damit Biomarker zu identifizieren. Vorläufige Daten zeigen, dass eine Analyse der Metaboliten in der Zerebrospinalflüssigkeit vorhersagen kann, ob eine Infektion des zentralen Nervensystems und die damit verbundenen Komplikationen wahrscheinlich ist. Darüber hinaus werden wir Daten der HSV-Kohorte nutzen. Die Proben der RESIST-Studie mit der Allgemeinbevölkerung Hannovers fungieren hier als Kontrolle.