Wie kann der Lebenszyklus dieser Krankheitserreger frühzeitig gestoppt werden?
Worum geht es in diesem Forschungsprojekt?
Dauerhafte Virusinfektionen mit menschlichen Herpesviren sind eine ernsthafte Bedrohung für anfällige und immungeschwächte Personen wie Neugeborene, ältere Menschen, Transplantatempfänger und Personen mit anderen Immundefekten oder gleichzeitigen Infektionen. Das β-Herpesvirus HCMV (humanes Zytomegalie-Virus) zum Beispiel infiziert fast jede zweite Person eines Industrielandes. Während viele Menschen eine solche Infektion aufgrund leichter Symptome gar nicht bemerken, kann sie bei einem ungeborenen Baby zu Geburtsschäden oder sogar lebensbedrohlichen Folgen führen. Andere Herpesviren wie das γ-Herpesvirus KSHV (Kaposi Sarcoma Herpesvirus) verursacht etwa 1% aller Krebserkrankungen weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation KSHV (WHO) hat es in die höchste krebserzeugende Klasse eingestuft.
Wie ist der Stand der Dinge?
Es gibt viele antivirale Medikamente gegen Herpesviren. Sie hemmen die Vervielfältigung des viralen Genoms und stoppen auf diese Weise die Virusvermehrung – doch leider nicht vollständig beziehungsweise dauerhaft, so dass die Infektion nicht beseitigt werden kann. Mit einer Ausnahme blockieren alle derzeit verfügbaren antiviralen Medikamente die virale DNA-Polymerase, also die Synthesemaschinerie der viralen DNA, die während der viralen Replikation benötigt wird. Die Hemmung des Virus in diesem Stadium ermöglicht immer noch, dass bestimmte virale Gene und Proteine entstehen, die bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielen können.

Wie kommen wir da hin?
Aus unserer 20-jährigen Erfahrung mit dem γ-Herpesvirus KSHV haben wir viel darüber gelernt, wie es dem Virus gelingt, eine so langanhaltende Infektion zu etablieren, der Erkennung durch das Immunsystem des Wirtes zu entgehen und während der Zellteilung von Mutter- auf Tochterzelle übertragen zu werden. Dabei haben wir uns auf ein bestimmtes virales Protein konzentriert: Das latenzassoziierte Kernantigen LANA. Es vermittelt viele dieser Funktionen und kann die infizierte Zelle zugunsten des Virus umprogrammieren (z.B. Rainbow et al., 1997, Platt et al., 1999; Ottinger et al., 2006, 2009; Viejo-Borbolla et al., 2003, 2005; Jäger et al., 2012; Zhang et al., 2016; Mariggio et al., 2017). Ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist es, die Struktur von LANA (Hellert et a., 2013, 2015) und die Natur winziger „Territorien“ im Kern der infizierten Zelle zu verstehen, in der sich das Virus in latenter Form befindet. In den letzten 20 Jahren haben wir auch die Funktion eines viralen nicht-strukturellen Membranproteins, pK15, charakterisiert, das in den frühen Phasen der produktiven frühen Replikation notwendig ist und intrazelluläre Signalwege initiiert, die für die virale Replikation erforderlich sind (e.g. Glenn et al., 1999; Brinkmann et al., 2003, 2007; Pietrek et al., 2010; Bala et al., 2012; Hävemeier et al., 2014; Gramolelli et al., 2015; Abere et al., 2017, 2018). Sowohl für LANA als auch für pK15 haben wir in Zusammenarbeit mit einem anderen RESIST-Wissenschaftler, M. Empting, Inhibitoren der ersten Generation entwickelt, die die Funktion von LANA bzw. der pK15-abhängigen Signaltransduktion bekämpfen. Im Rahmen von RESIST wollen wir unsere gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Arbeit an KSHV LANA auf andere Herpesviren wie das β-Herpesvirus HCMV übertragen. Wir versuchen, „Schwachstellen“ in der Interaktion zwischen dem Virus und der infizierten Zelle zu finden und diese mit neuartigen und effizienteren antiviralen Medikamenten zu bekämpfen.
