Der Ausbruch der Vogelgrippe H5N1 in einer spanischen Nerzfarm wecken Sorgen vor einer Übertragung auf Menschen.

Waschbären, Füchse und Marder – bei diesen und weiteren Säugetieren sind bereits Vogelgrippe-Viren gefunden worden. Auch Menschen haben sich schon angesteckt und sind auch schon daran gestorben. Bei diesen Ereignissen sind die Viren in der Regel in Einzelfällen von einem Vogel auf einen Säuger gelangt. Doch bei dem Ausbruch der Vogelgrippe auf einer spanischen Nerzfarm im Oktober 2022 hat sich das Vogelgrippevirus H5N1 von Nerz zu Nerz ausgebreitet. In den aus diesem Ausbruch stammenden sequenzierten Viren fand sich eine Mutation, die auf eine Adaptation des von einem Vogel stammenden H5N1 an Nerze hindeuten könnte, allerdings ist diese Interpretation der Befunde noch nicht sicher. Dies hat ein Forschungsteam nun herausgefunden und veröffentlicht. Möglicherweise könnte das Virus dadurch auch dem Menschen gefährlicher werden. Professor Schulz beantwortet einige Fragen:

Herr Professor Schulz – Wie groß ist derzeit das Risiko für Menschen, an einer H5N1-Infektion zu erkranken und wie groß könnte es noch werden?

Derzeit ist das Risiko einer Übertragung auf den Menschen, und insbesondere das Risiko der Ausbreitung von Mensch zu Mensch, noch als sehr gering einzustufen. Anscheinend wurde keiner der Mitarbeitenden der spanischen Nerzfarm während dieses Ausbruchs infiziert. Allerdings bereitet die in der letzten Zeit beobachtete massive Ausbreitung des H5N1 Virus unter Wildvögeln Sorge.

Was kann derzeit getan werden, um eine Übertragung auf weitere Tiere und den Menschen zu verhindern?

Man sollte den Kontakt zu verendeten Vögeln, die man zum Beispiel bei einem Spaziergang am Strand findet, unbedingt vermeiden. Ferner muss sofort reagiert werden, wenn ein Ausbruch des H5N1 in Geflügelbeständen gefunden wird – dies geschieht auch schon. Der erwähnte Ausbruch von H5N1 in der spanischen Nerzfarm zeigt, dass solche Massentierhaltungen ein Gefahrenpotential darstellen. Während der COVID-19 Pandemie hatte sich SARS-CoV-2 ja auch in mehreren Nerzfarmen ausgebreitet, es waren dort neue Varianten entstanden, die dann auch wieder auf den Menschen übertragen wurden. In manchen Ländern hatte man deshalb die Massenhaltung von Nerzen in solchen Formen entweder temporär oder endgültig untersagt.

Weiß man, warum bisher die Übertragung von Mensch zu Mensch noch nicht auftritt?

Das Hämagglutinin Protein des H5N1, welches das Virus zum ‚Andocken‘ an seinen zellulären Rezeptor, die Kohlenhydrat-Struktur Neuraminsäure, benutzt, ist noch nicht optimal adaptiert an die Form der Neuraminsäure, die sich im oberen menschlichen Respirationstrakt findet. Die Sorge ist, dass das H5N1 Hämagglutinin, oder auch andere virale Proteine, bei der Ausbreitung des Virus in Säugetierpopulationen wie zum Beispiel Nerzen so mutieren könnte, dass seine Vermehrung in menschlichen Zellen schneller verläuft. Damit könnte sich das Virus theoretisch auch schneller von Mensch zu Mensch ausbreiten. Aber bisher ist dies noch nicht passiert.

Könnte sich das Vogelgrippevirus mit einem Erreger der Humangrippe kreuzen?

Ja, theoretisch besteht die Möglichkeit, dass das Vogelgrippe-Virus – bei gleichzeitiger Infektion eines Säugetiers mit einem H5N-1 Gefügelpestvirus und einem menschlichen Influenzavirus – Elemente des Genoms eines menschlichen Influenzavirus aufnimmt und damit besser menschliche Zellen infizieren und sich unter Menschen ausbreiten könnte. Aber auch dies ist im Fall des H5N1 Geflügelpestvirus bis jetzt nicht passiert.

Herr Professor Schulz, vielen Dank für dieses Gespräch.