Im Exzellenzcluster RESIST finden viele verschiedene Forschungen zu SARS-CoV-2 statt – immer mit dem Ziel, die Menschen bestmöglich zu schützen und behandeln zu können. Professor Schulz gibt einen Überblick über die Arbeiten:
Herr Professor Schulz, woran forscht RESIST in Bezug auf SARS-CoV-2?
Ziel von RESIST ist es, die molekularen Grundlagen für eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionen und die dabei beteiligten Erreger besser zu verstehen, um auf dieser Basis neue Ansätze, Ideen und Möglichkeiten aufzuzeigen und diese langfristig für eine verbesserte Behandlung von Patienten einzusetzen. Da RESIST ja Anfang 2019, also lange vor dem Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie, startete, waren ursprünglich keine Arbeiten an diesem neuen Virus geplant. Wir können aber eine Reihe von in RESIST bearbeiteten Themen, Fragestellungen und Methoden für die durch das neue Coronavirus, SARS-CoV-2, verursachte Erkrankung (CoVID) nutzen. Wir arbeiten dazu an mehreren Themen parallel; diese haben kürzlich zusätzliche großzügige Unterstützung durch das Niedersächsiche Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) erhalten, wofür wir sehr dankbar sind.
Wir suchen nach schützenden Antikörpern und Impfstoffen.
Wir wollen Antikörper entwickeln, die verhindern, dass sich das Virus an die menschliche Zelle binden kann. Dabei denken wir an Antikörper, die schon in geringer Konzentration neutralisierend wirken und somit auch gegebenenfalls auftretende Varianten des Virus erkennen können. Breit neutralisierenden Antikörper werden beispielsweise schon bei HIV erfolgreich eingesetzt, um die Vermehrung des HIV im Körper zu unterdrücken.
Diese besonders guten Antikörper suchen wir im Blut von Patientinnen und Patienten, die die Erkrankung bereits überstanden haben, und werden sie dann gentechnisch im Labor produzieren. So könnten sie zum Schutz vor einer Infektion, aber auch zur Therapie der Infektion eingesetzt werden. Ein solches Therapeutikum kann frühestens im nächsten Jahr zur Verfügung stehen.
Bei diesen Arbeiten nutzen wir die Expertise des RESIST-Forschers Professor Dr. Thomas Krey von der Universität Lübeck. Er hat viel Erfahrungen auf dem Gebiet, Strukturen von viralen und zellulären Proteinen aufzuklären, die Schlüsselrollen in Infektionsprozessen spielen. Die Rekrutierung von Patienten, die die CoVID Erkrankung bereits überstanden haben erfolgt in diesem Projekt durch Professor Dr. Rainer Blasczyk, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin der MHH, sowie durch Professor Dr. Axel Haverich, Leiter der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie.
Parallel dazu führen wir präklinische Versuche zu einem potentiellen Coronavirus-Impfstoff durch: Professor Dr. Reinhold Förster, Leiter des MHH-Instituts für Immunologie, testet im Mausversuch einen neuen Impfstoff-Kandidaten.
Wir suchen nach Stoffen, die die Virenvermehrung hemmen
Dazu verfolgen wir zwei Strategien: Unter Leitung unseres RESIST Kollegen Professor Dr. Thomas Pietschmann vom TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung screenen wir rund 13.000 Substanzen, die entweder bereits als Medikamente für andere Krankheiten zugelassen sind, oder für die es bereits erste klinische Erfahrungen gibt – die also beispielsweise erstmalig an gesunden Freiwilligen getestet werden. Wir erforschen, ob sie gegen die Virusvermehrung wirken und dann könnten daraus neue Medikamente entwickelt werden, die in ein bis zwei Jahren zur Verfügung stehen würden. (Anm. d. Redaktion: Mehr Informationen dazu finden Sie hier.)
Bei der anderen Strategie wollen wir ganz neue Angriffspunkte für Hemmstoffe finden und fragen uns dabei, was alle sieben bekannten Coronaviren hemmen könnte – und auch das nächste Coronavirus. Dazu screenen wir insgesamt ca. 100.000 Substanzen. Auch auf diese Ergebnisse aufbauend können Medikamente entwickelt werden. Das dauert jedoch fünf bis zehn Jahre. Daran arbeiten Professor Pietschmann und ich gemeinsam mit weiteren Kollegen.
Wir erforschen, wie das Immunsystem auf das Virus reagiert.
Wir in RESIST ergründen auch, wie die Reaktion des angeborenen und des erworbenen Immunsystems auf das SARS-CoV-2 aussieht. Wie erkennen zum Beispiel die T-Zellen dieses Virus? Diesen Fragen gehen Professor Dr. Markus Cornberg, MHH-Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Professorin Dr. Britta Eiz-Vesper, Institut für Transfusionsmedizin, und Professor Dr. Immo Prinz, MHH-Institut für Immunologie, mit weiteren Kolleginnen und Kollegen nach. Auch so sollen neue Ansätze für Therapien gefunden werden.
Wir erforschen, ob es genetische Gründe für eine höhere Anfälligkeit gibt.
Um das herauszufinden, läuft eine klinische Studie, an der mehrere RESIST-Forscherteams beteiligt sind. Durch Vergleich von an CoVID erkrankten Menschen mit gesunden Probanden unserer RESIST Alterskohorte wollen wir herausfinden, warum manche Menschen schwer erkranken, auch wenn sie keine Vorerkrankungen haben. Auch diese Ergebnisse sollen uns Ansätze für neue Therapien liefern.